Für unseren ersten Januarblogbeitrag fuhren wir in den Nordosten von Niedersachsen, dieser Landstrich heißt Kehdingen. Hier wohnt ein Ornithologenkollege von Jörn mit seiner Familie:
Hilger und Franziska mit drei Kindern, eins davon 6 Jahre alt, und Zwillinge, 3 Jahre alt.
Auf dem langgestreckten Grundstück kamen wir an süßen französischen Zwergschafen (Ouessants) vorbei, an einer Schar besonders hübscher kleiner Hühner (u.a. Ostfriesische Möwe, www.ostfriesische-moewen.de), an einem Schuppen zum Werkeln, an dem außen lauter Nisthilfen für Insekten und Vögel hängen und an viel Spielmaterial für Kinder, z.B. selbstgebaute hölzerne Reitpferde.
Auf den ersten Blick war zu sehen:
hier ist der Traum einer ökologisch orientierten Familie vom Landleben wahrgeworden.
Drinnen unterhielten wir uns erst einmal ausführlich über den neuen Grund-Lehmofen, der eine wohlige Wärme verströmte. Da Hilger und Franzi superzufrieden mit der schleswigholsteinischen
Ofenbaufirma sind (gute Beratung und flotte, unproblematische Umsetzung), möchten wir sie hier gerne nennen: grundofen-von-ofenkundig.de
Gemeinsam mit Vater und Sohn entluden wir die mitgebrachten Rundballen aus dem VW Bus (immer wieder erstaunlich, dass die da reinpassen! Zwei Stück von je ca. 120x120cm) und rupften etwas Seegras
ab, um es dann drinnen gleich zu verbauen.
Hilger und Franzi sind schon mit Seegras vertraut.
Hilger ist schon viel auf der Ostsee mit einem Plattbodenschiff (www.amazone-segeln.de) unterwegs gewesen,
von den Ufern der dänischen Inseln und auch von Angeln (Landstrich im nördlichsten deutschen Ostseebereich) kennt er den Anblick der mal grünen, mal braunen Seegrasmassen.
Sein Interesse für Seegras als Baumaterial wurde durch Kristian Dittmann, www.strand-manufaktur.de
geweckt. Der war nämlich vor der angelner Küste mit einem selbstgebauten
Floß unterwegs mit einem von weitem lesbaren Banner „Seegras ist Rohstoff!“
Dies hatte Hilger noch im Hinterkopf als er mit Jörn über Seegras ins Gespräch kam.
Inzwischen haben er und Franziska schon Seegrasbauerfahrungen hinter sich und haben jetzt nochmal nachbestellt um die Dachschrägen zu dämmen.
Franzis und Hilgers erstes Projekt war das Nachdämmen einer Wand, die Wohnbereich und Werkstatt trennt. Wegen des Temperaturgefälles war es sinnvoll, die Dämmung auf der kälteren Seite (Werkstattseite) anzubringen. Dies setzten sie nach dem einfachen Verschalungsprinzip um: Hohlraum schaffen, Seegras mit der Hand hineinstopfen, fertig. In diesem Fall ist die schalldämmende Wirkung der Seegrasdämmung ein erfreulicher Nebeneffekt (Werkstattgeräusche).
Auf der Suche nach der perfekten Tür, die Wohnbereich mit Werkstatt verbindet, kam Hilger
auf die Idee, eine selber zu bauen, sehr massiv aus Holz, in der Mitte eine Schicht Seegras.
Die ist wirklich klasse geworden!
Dies erinnerte uns mal wieder an die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten, die Seegras zu bieten hat.
Als Tüftler ist es doch toll, Seegras in der Werkstatt zu haben, mit dem man mal an diesem und mal an jenem Projekt arbeiten kann.
Angedacht sind auch Seegraspolster für die Ofenbank.
Das was an diesem Tag anstand war die Dämmung eines Zwischenbodens, die auch als Trittschalldämmung gedacht ist.
Zwischen die dicken alten Deckenbalken, die in ca. 70 cm Abstand den Zwischenboden tragen, kommt eine 5 cm dicke Seegrasschicht. An die alten Balken werden in Deckenkontakt Dachlatten geschraubt,
quer dazu alte recycelte Bretter in ca. 3 cm Abstand. Immer wenn 1 m fertig vorbereitet ist, wird Seegras in die Lücke gestopft, mit einem Brettchen verteilt und leicht komprimiert, dann wird der
nächste Meter Bretter befestigt.
Ursprünglich waren hier verputzte Reetmatten. Die waren so stabil, dass es sich gelohnt hat,
nach dem Entfernen den alten Kalkmörtel abzuklopfen, um sie später wieder anzubringen.
Abschließend tragen sie einen dünnen Lehmputz auf, den sie leicht auswaschen, damit die Reetstruktur sichtbar wird.
Im Wohnzimmer wird auch noch viel passieren: zusätzlich zum Lehmofen liebäugeln die beiden Hausbesitzer mit der Idee einer Wandheizung. Der Aufbau sieht so aus: dünne Schicht Lehm, Reetmatten (www.hiss-reet.de), dann in Schlangenlinien verlegte Heizrohre aus Kupfer oder Kunststoff, darauf Lehm.
Für das Dachprojekt, das im Frühling ansteht, können sie die alten vermörtelten Tondachziegel drauflassen. Von innen spannen sie eine diffusionsoffene Plane (Unterspannbahn), u.a. erhältlich bei
Proclima (de.proclima.com), es folgt eine mindestens 10 cm dicke Seegrasschicht, dann Nut-und Federbretter. Da der
Wandaufbau garantiert winddicht sein sollte, kommt zwischen Seegras- und Holzschicht eventuell gewachstes bzw. geöltes Papier.
Besonders gefreut hat uns die Aussage, dass Seegras wie auch Lehm und alle anderen Naturbaustoffe, familienfreundliche Materialien sind, wo die Kinder nach Lust und Laune mithelfen oder damit
spielen können.
Hausbau als Familienprojekt, kann lernen schöner sein?
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